Die Ära Karl Triller

Porträt einer Unternehmerpersönlichkeit

Mit Karl Triller, der von 1972 bis 1994 der geschäftsführende Vorstand der Genossenschaft Milchhof Miesbach eG war, entwickelte sich die kleine Molkerei zu einem Großbetrieb. Der Münchner Karl Triller hatte in einer Landmolkerei sein Handwerk gelernt. Als Molkereimeister erwarb er noch eine Zusatzausbildung als Betriebswirt für Genossenschaftsarbeit. Fragt man heute Leute, die ihn erlebt haben, so hört man immer wieder, dass er nicht nur ein geschickt führender Vorgesetzter war, sondern auch ein sehr unternehmerischer Geist.

Karl Triller, geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft Milchhof Miesbach eG von 1972 bis 1994
Karl Triller, geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft Milchhof Miesbach eG von 1972 bis 1994 © Reinhilde Ulrich

Erfolgreiches Italiengeschäft

Auf seine Initiative hin baute die Molkerei Miesbach (der Milchhof) das Italiengeschäft auf. Durch den Export war es den Miesbacher Genossen im Gegensatz zu anderen Genossenschaften dann möglich, gute Milchpreise zu erzielen. Dabei war der Transport von Milch bis sogar nach Sizilien durchaus eine technische Herausforderung. Zunehmend bessere Kühlverfahren und die Versendung nicht nur von Milch, sondern auch von ersten Vorstufen der Käsezubereitung (der sog. Cagliata) lösten diese Probleme weitestgehend. Aber auch organisatorisch-menschlich forderte das Exportgeschäft die Molkerei ganz anders als der bisherige Verkauf in der Region. So mussten Partner in Italien gefunden werden, die den Transport dort vor Ort und damit weit weg von Miesbach lenken konnten. Denn von deren Fähigkeiten und deren Engagement hing der wirtschaftliche Erfolg eindeutig ab. Auch das Thema der Zahlungsziele musste gelöst werden. Nach italienischer Gewohnheit wurde diese Zeit, bis eine Rechnung auch bezahlt wurde, anders gehandhabt, als es bisher in Miesbach üblich war. Damit gab es oft hohe Außenstände, die der Genossenschaft durchaus Kopfzerbrechen bereiteten. Doch Karl Triller fand immer wieder Partner, die diese Probleme lösen halfen. Bis in die 90er Jahre funktionierte das Italiengeschäft so hervorragend, sodass der Miesbacher Genossenschaft weitere Genossenschaften aus der Umgebung (wie Bad Tölz, Dietramszell, Bad Feilnbach, Oberhaching) beitraten, um solche Verdienstmöglichkeiten zu nutzen (siehe Geschichte 71). Es war die Zeit der größten Mitgliederzahlen. Die große Anzahl der Zulieferer führte auch dazu, dass die Kannennummern (siehe Geschichte 73) fünfstellig wurden. Und alles dies wurde vom Geschäftsführer gesteuert.

Genossenschaftliches Miteinander

Seine Sekretärin und Personalleiterin, Reinhilde Ulrich, beschreibt das familiäre Betriebsklima zwischen den Genossen und der Geschäftsleitung über alle Hierarchieebenen hinweg. Dies illustriert folgende Geschichte aus ihrer Anfangszeit bei der Genossenschaft: Als Reinhilde Ulrich gerade erst drei Monate im Milchhof Miesbach tätig war, musste sie schon ihre erste jährliche Generalversammlung vorbereiten. 1400 Mitglieder waren einzuladen. Reinhilde Ulrich war damals 35 Jahre alt und hatte gerade aus dem Sekretariat der Württembergischen Metallwarenfabrik gewechselt. Selbstverständlich sprach sie alle Genossenschaftsmitglieder mit Familiennamen und „Sie“ an. Nach der Versammlung kam der Vorstandsvorsitzende Landwirt Hans Schöpfer, der als Jahrgang 1928 fast so alt wie die Genossenschaft war, auf Reinhilde Ulrich zu und fragte: „Was hat denn unser ‚Dirndl?‘“ und klärte sie darüber auf, dass die Anrede mit Du und Familiennamen das oberbayrische Sie ist.

Gründung des Milchproduktenhandels

Zu der Milchverarbeitung im Milchhof Miesbach gesellte sich auf Initiative von Karl Triller 1973 eine weitere Genossenschaft in Miesbach dazu, der sogenannte Milchproduktenhandel. Vorstand und Aufsichtsrat waren fast identisch mit dem des Milchhofs. Zur gleichen Zeit wurde auch eine Tochter des Milchproduktenhandels gegründet, die Molkereivertriebs GmbH (heute Gastro-Service). Auch diese Gesellschaften waren wirtschaftlich sehr erfolgreich.

Text: Maria Krüger-Basener (nach einem Interview mit Reinhilde Ulrich)