Die Oberbayerische Hutfabrik des Ulrich Rager

Die letzte Hutfabrik in Miesbach die schließen musste, war die des Ulrich Rager (1907 – 1996). Als sie 1982 ihre Produktion einstellte, endete das letzte Kapitel industrieller Hutfertigung in Miesbach.

Die Oberbayerische Hutfabrik, ohne Jahresangabe
Die Oberbayerische Hutfabrik, ohne Jahresangabe

Begonnen hatte der Gründer Ulrich Rager im Jahre 1949. Er war ein Selfmademan und hatte von Hutherstellung von Hause aus erst einmal keine Ahnung. Er war gelernter Schlosser und scheute keine Arbeit. Nach einer Tätigkeit in einem Bergwerk arbeitete er bei der Hutfabrik Kohlndorfer. Hier lernte er Grundlagen der Hutherstellung kennen und eignete sich autodidaktisch weiteres Wissen an. Der von ihm hergestellte Velour sollte später berühmt werden für seine hohe Qualität.

Nach dem Kriegsdienst wagte Rager den Sprung in die Selbständigkeit. Dazu suchte er im Hutmacher Josef Gratzer einen Verbündeten. Ein weiterer Kompagnon war der Augsburger Hutfabrikant Theodor Lembert. Der Raumnot der Nachkriegszeit folgend war die Produktion zunächst bei Gratzer untergebracht. Weitere Räume wurden in der Umgebung zugemietet, sodass die Firma auf mehrere kleine Standorte verteilt war. Nach Umbau und Erweiterung eines ehemaligen Bergwerksgebäudes am nördlichen Ende der Frauenschulstraße im Jahre 1953 erfolgte der Umzug dorthin.

Bis weit in die 1960er Jahre erlebte die Oberbayerische Hutfabrik eine Hochphase und beschäftigte rund 100 Menschen, darunter auch Ragers Frau und Tochter sowie weitere Familienangehörige. Nicht alle Angestellten arbeiteten dabei in der Fabrik, einiges wurde auch in Heimarbeit erledigt. Die hohe Zahl an Mitarbeitern erklärt sich auch daher, dass für die Herstellung vom losen Haar bis zum fertigen Hut insgesamt 54 Arbeitsgänge notwendig sind.

Das Hauptprodukt waren Velourhüte. Rager war für seinen sehr guten Velour weithin bekannt. Daneben wurden aber auch Haarhüte hergestellt. Es wurden hier alle Arten von Hüten hergestellt, die damals gefragt waren. Allerdings beschränkte man sich auf Herrenhüte. Dafür erfolgte der Absatz von Fertigwaren an Händler im ganzen Land, Stumpen wurden an Modistinnen geliefert bis hin zum Export nach Übersee.

Der Umsatzeinbruch kam, als die Männer im Alltag keine Hüte mehr trugen. Mit Trachtenhüten alleine hätte die Oberbayerische Hutfabrik nicht überlebt. Ulrich Rager und sein Kompagnon Lembert versuchten noch die ganzen 1970er Jahre als Betrieb zu überleben. Letztlich gelang dies nicht mehr. An der Stelle der 1982 stillgelegten Fabrik entstanden später Wohnhäuser.

In der Hutfabrik, um 1960
In der Hutfabrik, um 1960

Eine Erinnerung an ein Miesbacher Original: Als eine besondere Mitarbeiterin der Obb. Hutfabrik wird Fanny Weber (1905 – 1964) erwähnt. Sie galt als außerordentlich hilfsbereite Kollegin. Zur Weihnachtszeit trat sie zudem als Nikolaus auf und „beglückte“ Miesbacher Kinder. Um sich dafür vorzubereiten hatte sie in der Zeit davor immer einen Zettel und einen Stift neben sich liegen. Wenn ihr ein Spruch einfiel, dann konnte sie ihn gleich notieren.

Text: Alexander Langheiter