Die Hutmacherei Gratzer

Ursprünge des Hutladens „Schöner Schein“

Die Hutmacherei Gratzer ist im Jahr 1880 gegründet worden. Zwar wurde die Hutmacherwerkstatt inzwischen aufgegeben, aber als Ladengeschäft „Schöner Schein“ wird die Tradition als einziges Hutgeschäft in Miesbach bis in die Gegenwart fortgeführt.

Josef Gratzer war eine markante Erscheinung im Miesbacher Fasching
Josef Gratzer war eine markante Erscheinung im Miesbacher Fasching

Begründer der Hutmacherei war Michael Gratzer (1843 – 1923). Er war Sohn eines Webers aus dem Rottal. Er erlernte als erster der Familie das Hutmacherhandwerk. Während seiner Wanderschaft lernte er 1866 Miesbach kennen, als er bei den Hutmachereien Kohlndorfer und Holzer arbeitete. Nachdem er inzwischen mit seiner Frau Auguste eine Familie gegründet hatte, wagte er 1880 den Schritt in die Selbständigkeit. Er erwarb einen Teil des Hauses des Buchbinders Werkmeister, der wegen Schulden sein Haus hatte verkaufen musste.

Die Eröffnung der Hutmacherei fällt in die sogenannte Gründerzeit nach der Reichsgründung von 1871. Auch in Miesbach, bereits seit einigen Jahren Bergwerks- und Fremdenverkehrsort, herrschte Aufbruchsstimmung. Das damals neuerbaute Rathaus ist beredtes Zeugnis dieser Zeit.

Michael Gratzer engagierte sich vielfältig in seiner neuen Heimat: 1891 bis 1919 war er Gemeindebevollmächtigter. 1889 gründete er eine Theatergruppe und war später Ensemblemitglied des bekannten Schlierseer Bauerntheaters. Für diese Truppe entwarf er den nach dem Gründer Konrad Dreher benannten „Dreherhut“.

Nachfolger des Gründers war der Sohn Josef (1881 – 1961). Wie sein Vater engagierte er sich künstlerisch Die Hutmacherei Gratzer Ursprünge des Hutladens „Schöner Schein“ •• und kommunalpolitisch. Ältere Miesbacher erinnern sich sogar noch an ihn, der eine markante Persönlichkeit des gesellschaftlichen Lebens war.

In dritter Generation übernahm nach dem Zweiten Weltkrieg Josef (II) (1921 – 1971) den Familienbetrieb. Als er seine Ausbildung abschloss, gab es bereits nicht mehr genügend Hutmachermeister, sodass die Prüfungskommission bei ihm die Berufsbezeichnung „Modist“ eintrug. 1949 war Gratzer Kompagnon von Ulrich Rager bei der Gründung der Oberbayerischen Hutfabrik. Diese nahm zunächst in den Gratzer’schen Räumen ihren Betrieb auf. Als die Fabrik nach wenigen Jahren an einen neuen Standort zog, war auch Josef Gratzer bereits aus dieser Unternehmung weitgehend ausgeschieden.

Die Hutmacherei Gratzer bestand noch bis in die 1990er Jahre als Familienbetrieb. Nach dem Tode ihres Mannes Josef (II) führte seine Witwe Elisabeth das Geschäft weiter. Die Hutherstellung lag nun in den Händen von Max Baumgartner. Der Sohn Josef (III) war der erste Gratzer, der nicht mehr im Hutmacherhandwerk ausgebildet wurde. Doch als Hutmachersohn hatte er sich natürlich vieles „abgeschaut“. Ihm verdankt das Heimatmuseum einen besonderen Schatz, nämlich die alte Hutmacherwerkstatt, die er im Jahr 2000 der Stadt Miesbach schenkte. Damit endete die Hutherstellung in Miesbach.

Das Geschäft besteht jedoch bis heute. Zunächst führte es seit 1994 Reinhilde Ulrich – sie begegnet Ihnen auch im Themenbereich „Molkerei“. Seit 2007 ist Brigitte Hilz Inhaberin des nun „Schöner Schein“ benannten Ladens.

Michael Gratzer hat den „Dreherhut“ kreiert, benannt nach Konrad Dreher, dem Gründer des bekannten Schlierseer Bauerntheaters
Michael Gratzer hat den „Dreherhut“ kreiert, benannt nach Konrad Dreher, dem Gründer des bekannten Schlierseer Bauerntheaters

Text: Alexander Langheiter