Die Verlegerfamilie Mayr

Eine Erfolgsgeschichte

Die Erfolgsgeschichte des „Miesbacher Anzeigers“ ist aufs engste mit der Verlegerfamilie Mayr verknüpft. Sie führte die Zeitung zum Erfolg und prägte sie in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens.

Der Firmengründer Georg Mayr (links) und Sohn Friedrich Wilhelm Mayr I. mit seiner Frau (rechts)
Der Firmengründer Georg Mayr (links) und Sohn Friedrich Wilhelm Mayr I. mit seiner Frau (rechts)

Nachdem sich beim eigentlichen Gründer Carl Urban kein Erfolg ein stellte, kaufte 1876 Georg Mayr (1844 – 1913) aus Straubing Druckerei und Zeitung. Unter ihm und seinem Sohn Wilhelm Friedrich (I) gelang der Aufstieg zu einem rentablen und angesehenen Unternehmen. Die Zeitung etablierte sich erfolgreich auf dem Markt und konnte sogar durch zeitweilige Konkurrenz nicht bedrängt werden.

Das „Kaufmann-Kurländer-Haus“ am Oberen Markt
Das „Kaufmann-Kurländer-Haus“ am Oberen Markt

Der erste Mayr hatte sein Handwerkszeug in seiner Heimatstadt Straubing gelernt und in Holstein und den USA vertieft. Zeitlebens galt er als „Amerikaner“ und moderner Mensch. Der „Anzeiger“ gab ihm die Gelegenheit sein Wissen umzusetzen. Unter ihm hatte die Zeitung einen liberalen Ruf.

Der Briefkopf von Mayr, 1913
Der Briefkopf von Mayr, 1913

Georg Mayr sorgte dafür, dass die Druckerei einen repräsentativen Standort erhielt: Dazu erwarb er um das Jahr 1900 das sogenannte Kaufmann-Kurländer-Haus am Oberen Markt, dem heutigen Stadtplatz. Er ließ es aufstocken und die Fassade der Zeit entsprechend gestalten, wobei in Putzrelief zwei Greifen als Zeichen für die „schwarze Kunst“, das Buchdruckerwesen, an die Bestimmung des Gebäudes erinnern soll.

1905 übergab Georg Mayr das gut eingeführte Geschäft an seinen ältesten Sohn Wilhelm Friedrich (1877 – 1916). Auch dieser war ein durch und durch der Moderne gegenüber aufgeschlossener Mensch. Er war von seinem Vater in die USA entsandt worden, um dort das modernste Zeitungswesen kennenzulernen. Nicht bedacht hatte der Vater, dass der Sohn in Amerika bleiben könnte. Am 19. März 1898 beantragte der Junior die amerikanische Staatsbürgerschaft. Damals lebte er im New Yorker Stadtteil Bronx und arbeitete für das „New Jersey States Journal“. Offensichtlich gefiel es dem jungen Mayr aber zu gut, was dem alten Mayr überhaupt nicht gefiel: Er befahl die Rückkehr, die letztlich auch erfolgte.

Wilhelm Friedrich gelang es, die Zeitung noch weiter auf Erfolgskurs zu halten. Leider starb er allerdings 1916 an den Folgen seines Kriegseinsatzes – er hatte sich ohne jegliche militärische Erfahrung wie viele Abertausende auch im Freudentaumel des Kriegsausbruchs 1914 freiwillig gemeldet.

Das Ende der engen Verbindung der Familie Mayr mit dem „Anzeiger“ wurde damit eingeläutet. Seine junge, unerfahrene Witwe Kreszentia musste für ihren Sohn Wilhelm Friedrich (II) den Betrieb übernehmen. Diese Chance nutzte der Redakteur Klaus Eck, der die Zeitung im Jahr 1919 pachtete und sie zu einem Sammelbecken rechtsnationaler Ideen werden ließ.

Nach Rückübernahme durch die Familie 1922 folgte aus wirtschaftlichen Gründen schon 1929 die Übernahme in den Bayerischen Zeitungsblock, dem der heutige Verbund mit dem „Münchner Merkur“ vorausging. Damit endete auch eine jahrzehntelange „Harmonie“, wie sie Hans Renner bei seiner Festrede zum 50jährigen Betriebsjubiläum 1924 noch beschworen hatte.

Mayr, Pöltl und Salzberger auf Ballonfahrt

Wilhelm Friedrich Mayr I. war Teil der damaligen Miesbacher Lokalprominenz, die auch aufsehenerregende Unternehmungen wagte. In der Chronik der Alten Stadtapotheke Miesbach ist eine abenteuerliche Ballonfahrt festgehalten:

Ballonfahrt der drei Miesbacher Herren Wilhelm F. Mayr, Georg Pöltl und Fritz Salzberger am 13. Mai 1913
Ballonfahrt der drei Miesbacher Herren Wilhelm F. Mayr, Georg Pöltl und Fritz Salzberger am 13. Mai 1913

„Ein großes Ereignis war der Ballonflug des Miesbacher Apothekers Fritz Salzberger mit dem Fotographen Georg Pöltl und dem Verleger Wilhelm Friedrich Mayr unter Führung des Direktors Distier vom Deutschen Touringclub am 13. Mai 1913.
Die vier Männer starteten trotz aller Warnungen der Wetterstation bei Wind und Nebel auf der Waitzinger Wiese. Sie verloren rasch die Herrschaft über den Ballon, wurden von starken Windböen abgetrieben und prallten schließlich an einen Felsenhang am Wendelstein. Die Seile rissen, der Ballon entschwebte, während der Korb sich in den Latschen verfing. Die vier Männer waren zum Glück unverletzt geblieben. Holzknechte schleppten den Korb mit dem alkoholischen Inhalt zum Wendelsteinhaus, wo man das Abenteuer ausgiebig begoss. Den um seinen Ballon jammernden „Aeronauten“ tröstete Salzberger, indem er ihm versprach, die „Blaader“ zu ersetzen. Der Ballon wurde bald darauf im Inntal gefunden und dem Eigentümer zugestellt (...)
Salzberger war ein Miesbacher Original, ein Urviech, Stammgast im "Bräustüberl" (...). Er traf sich oft mit seinen Freunden Ludwig Thoma, Dietrich Eckart und Klaus Eck (*)“

(*) Diese drei waren dann in den Jahren 1920-1922 die Verfasser rassistischer Artikel in der Lokalpresse. Der „Parteidichter“ Dietrich Eckart war der Namensgeber der 1936 neu gebauten Knabenschule in Miesbach.

Text: Alexander Langheiter, unter Verwendung eines Textes der Alten Stadtapotheke Miesbach, www.apotheke-miesbach.de